Community Organizing in Deutschland

Seit den 1990er Jahren verbreitet sich Community Organizing (CO) zunehmend in Deutschland. Vor allem Theorieentwicklung und Praxisvorhaben des Deutschen Instituts für Community Organizing (DICO) der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin (KHSB) sowie des Forum Community Organizing (foco) sorgten dafür, dass sich Community Organizing als fester Bestandteil der Gemeinwesenarbeit etabliert hat. Aufbauend auf den Erfahrungen von Prof. Dr. Leo J. Penta (DICO) entwickelten sich seitdem mehrere Bürgerplattformen in Berlin und Nordrhein-Westfalen und bilden den alltäglichen Erfahrungsrahmen, in dem Community Organizing erlebt werden kann.

Bürgerplattformen stehen, in einer Übertragung des Begriffs Community Organizations, dafür, Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen und Herkünften anhand ihrer Interessen zusammenzuführen und eine Handlungsfähigkeit aufzubauen. Die Bürgerplattformen erneuern damit eine Traditionslinie: Bereits in den Jahren ab 1945 fanden Versuche statt, das Handwerkszeug und die Ideen des Community Organizing in die deutsche Gemeinwesenarbeit zu übertragen. Aber erst ab den 1990er Jahren etablierte sich die Praxis vor Ort und konnte seitdem stetig ausgebaut werden.

2020 gibt es sechs Bürgerplattformen in Zusammenarbeit mit dem DICO Institut und der DICO gGmbH:

Berlin ist die erste Stadt in Kontinentaleuropa, in der eine Bürgerplattform gegründet wurde: Organizing Schöneweide heißt die erste Bürgerplattform. 24 zivilgesellschaftliche Organisationen in Schöneweide haben sich im Jahr 2000 zusammengefunden, um Ihren Stadtteil selber zu gestalten.

2008 haben es ihnen die Gruppen von Wedding/Moabit, unter dem Namen Wir sind da!, nachgemacht. Die Neuköllner, Wir in Neukölln, haben Ihre Plattform 2011 gegründet. 2012 entschieden sich die Gruppen Schöneweide für eine Neugründung und Ausweitung auf den gesamten Bezirk Treptow-Köpenick. Nun heißen sie SO! Mit Uns – Berlin Südost. 2017 kamen die Spandauer mit Wir Bewegen Spandau hinzu.

Die Gruppen von WIN – Wir in Neukölln engagierten sich zusammen mit SO! MIT UNS beim Thema Ärzteverteilung in Randbezirken. Ein Projekt gegen Jugendarbeitslosigkeit wurde angestoßen und der Wunsch nach einem muslimischen Friedhof verhandelt. Seit 2020 arbeiten die Berliner Bürgerplattformen bei allen Themen zusammen. Sie nutzen ein gemeinsames Dach für ihre Aktivitäten. Mehr Infos zu den Berliner Bürgerplattformen und deren Kampangen gibt es hier.

Mit der Gründung im Kölner Norden gibt es seit 2015 auch in einem westdeutschen Flächenland eine Bürgerplattform. STARK im Kölner Norden hat die Wohnsituation in der Siedlung im Mönchsfeld, die Umsetzung des islamischen Religionsunterrichts und den Zustand von Spielplätzen verbessert. In Duisburg hat sich im Februar 2020 die erste gesamtstädtische Bürgerplattform unter dem Namen DU aktiv – Bürgerplattform Duisburg gegründet. Mehr Infos zur Kölner Bürgerplattform gibt es hier und mehr zu DU aktiv hier.

Ein Überblick über Community Organizing und den Aufbauprozess von Bürgerplattformen sowie deren Erfahrungen finden sich in der Publikation: Community Organizing. Eine Einführung (2022, Weinheim: Beltz Juventa). Neben dem DICO existieren Erfahrungen auch beim Forum Community Organizing (FOCO) e.V. Eine Übersicht über alle weiteren Entwicklungen in Deutschland bietet die Publikation der Stiftung Mitarbeit.