Die Bedeutung von Macht
Die Beschäftigung mit Macht ist gerade dann wichtig, wenn Veränderungen angeschoben werden. Im Community Organizing wird mit einem pragmatischen Machtkonzept gearbeitet, das immer auf den jeweiligen Kontext bezogen wird. Die Machtanalyse versucht, die Machtverhältnisse im jeweiligen Kontext offen zu legen.
Nach Max Weber bedeutete Macht „jede Chance, innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chance beruht“. Diese Definition wird im Community Organizing erweitert. So weist bereits Saul Alinsky in Rules for Radicals darauf hin, dass Macht erst einmal eine Fähigkeit zum allgemeinen Handeln sei. Von Macht gehe immer eine korrumpierende Gefahr aus, aber diese Gefahr läge vor allem in uns selbst. Die Macht an sich ist neutral. Insofern ist der erste Schritt beim Community Organizing immer die grundsätzliche Auseinandersetzung mit den Hintergründen der Macht.
Weitere Hinweise zum Machtbegriff finden sich in der politischen Philosophie von Hannah Arendt. Sie schreibt: „Macht gehört in der Tat zum Wesen aller staatlichen Gemeinwesen, ja aller irgendwie organisierten Gruppen“ und ist im Gegensatz zu Gewalt ein Selbstzweck. Analog zu Alinsky stellt sie in ihren Überlegungen fest: Macht ist weder gut noch böse, sondern entsteht, wenn Menschen gemeinsam handeln. Es ist nicht verwunderlich, dass die Werke von Hannah Arendt mittlerweile fester Bestandteil im Community Organizing sind, denn alle Bürgerplattformen generieren durch gemeinsames Handeln weltweit solch eine Form von Macht. Zu verstehen, dass diese von den handelnden Menschen und ihren Zusammenschlüssen selbst geschaffen wird und welche anderen Menschen auch an der Produktion von Macht arbeiten, soll durch die Machtanalyse offengelegt werden.
Ablauf der Machtanalyse im sozialen Raum
Im Community Organizing wird seit vielen Jahren auf die Chancen einer guten Machtanalyse verwiesen und diese als Grundbedingung für effektives Handeln benannt. Eine Systematisierung ist aber bisher nur in Teilen erfolgt. Das DICO hat verschieden Gedanken aufgegriffen und diese ausgebaut.
Innerhalb eines festgelegten Rahmens, z.B. inhaltlich oder räumlich, werden Namen und Informationen von Akteur*innen gesammelt. Man verschafft sich einen Überblick über die Zusammenhänge von Einzelpersonen und Organisationen, um bereits bestehende Vernetzungen zu erkennen. Öffentlich erkennbare Beziehungen werden dabei mit informellen Informationen und Verbindungen ergänzt. Diese informellen Details erhält man am Besten in persönlichen Beziehungsgesprächen.
In einem letzten Schritt werden die erkannten Verbindungen genutzt, um Ansatzpunkte für eine vertiefende Beziehungsarbeit oder für Kampagnen zu finden. Insofern schließt sich an eine Machtanalyse in der Regel eine thematische Kampagnenarbeit an.
Literatur
Alinsky, S. D. (1989). Rules for radicals : a practical primer for realistic radicals.
Arendt, H. (2000). In der Gegenwart. Übungen im politischen Denken II. München: Piper.
Droel, W., & Pierce, G. F. A. (1997). Activism That Makes Sense: Congregations and Community Organization. Chicago: ACTA Publications.
Weber, M. (1980). Wirtschaft und Gesellschaft (5. Auflage). Tübingen: Mohr Siebeck.
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